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Entquickliches

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Am Ende der gestrigen Stadtratsitzung konnte man getrost behaupten wieder etwas gelernt zu haben. Zum Beispiel, dass Entquickung und Demercurisierung irgendwie das gleiche sind und besser klingen als Quecksilberabscheidung. Dann gab es noch eine Lehrstunde über Transparenz und Transparenz. Denn was gleich aussieht, muss ja nicht immer auch gleich gemeint ist. Zurück blieb der geneigten Zuhörer nur mit der Frage, warum fünfstellige Summen mitunter lebhaftere Diskussionen auslösen als sechstellige.

Osram will seltene Erden recyceln

Nichts ist so kompliziert, dass sich nicht ein Kauderwelsch findet, der es noch schwieriger macht zu verstehen, worum es eigentlich geht. Was sich hinter dem Tagesordnungspunkt “Errichtung und Betrieb einer Entquickungsanlage für gefährliche quecksilberhaltige Abfälle aus dem Lampenrecycling mit der Nebeneinrichtung einer Lagerhalle zur Lagerung von quecksilberhaltigem und entquicktem Abfall auf dem Betriebsgelände der Firma Osram AG …” wurde durch einen Mitarbeiter der Osram AG dem Stadtrat erklärt.

Rot umrandet der Standort für die geplante Entquickungsanlage auf dem Werksgelände von Osram.

Grob zusammengefasst geht es bei der geplanten Anlage darum, das Recycling von Leuchtmitteln zu verbessern. Bei diesen Leuchtmitteln handelt es sich um Metalle, die hinlänglich seltene Erden genannt werden. Wie es der Name vermuten lässt, ist ihr Vorkommen selten und der Preis dementsprechend hoch. Erschwerend kommt hinzu, dass sie importiert werden müssen. Um die Abhängigkeiten, die sich daraus ergeben zu verringern, sollen die seltenen Erden aus defekten Leuchtstofflampen wiedergewonnen werden. Im bisher üblichen Recycling werden lediglich die Glas- und Metallanteile wiederverwertet. Die Leuchtmittel, mit denen die Röhren innen beschichtet sind, landen als Pulver auf Sondermülldeponien.
Dieses Pulver will Osram zukünftig im Werk Schwabmünchen mit Hilfe der neuen Anlage vom enthaltenen Quecksilber reinigen. Das dort gereinigte Pulver wird dann zu Partnerfirmen transportiert, die daraus die seltenen Erden gewinnen. Geplant ist, dass pro Jahr 1000 Tonnen, das entspricht einem Sattelzug pro Woche, verarbeitet werden. Die Entscheidung für das Werk Schwabmünchen fiel, weil die Mitarbeiter dort über das notwendig Know-How verfügen und eine moderne Wasseraufbereitung vorhanden ist. In einem vorhandenen Gebäude im östlichen Teil des Werkgeländes soll die Anlage errichtet werden, zusätzliche Lagergebäude sollen daneben neu entstehen.

Der Stadtrats steht dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber. Für das weitere Verfahren wurde eine Stellungnahme beschlossen, die dem Landratsamt Augsburg als zuständige Immissionsschutz- und Genehmigungsbehörde übermittelt wird. Demnach darf der Betrieb der Anlage keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben und es dürfen auch keine sonstigen Gefahren von ihr ausgehen. Die Filteranlagen müssen dem neuesten Stand entsprechen und kontinuierliche Messungen durchgeführt werden. Die weitere Entwicklung von Wohngebieten in der Nähe darf nicht beeinträchtigt werden und der Lieferverkehr nicht durch Wohngebiete geführt werden.

Randnotiz: Eine detailliertere Darstellung des Vorhabens, so sehr die auch wünschenswert wäre, muss an dieser Stelle ausbleiben. Nachfragen zu der Präsentation wollte die Presseabteilung der Osram AG mit dem Hinweis auf noch ausstehende Planungsschritte heute nicht beantworten.

Klettern und DiscGolf im Luitpoldpark

Spieler auf einem DiscGolf-Parcour in den USA.

Nach so viel Technik wurde dann der Bogen zu der Erntekrone im Sitzungssaal geschlagen. In der letzten Sitzung des Bauausschuss, am 9. Oktober 2010, wurden eine Niedrigseilkletteranlage und DiscGolf-Parcour für den Luitpoldpark vorgestellt. Für die weiteren Planungen und den Bau, sollen die dafür notwendigen Mittel (maximal 130.000 €) in den Stadthaushalt 2013 eingestellt werden, wofür der Stadtrat seine Zustimmung gab. Zu den städtischen Mitteln kämen, sofern der Antrag erfolgreich ist, noch 87.000 € aus dem Förderprogramm LEADER, die das Begegnungsland Lech-Wertach vermittelt.
Und wo mag da jetzt der Bogen sein? Ganz einfach, die Gelder stammen aus dem Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Getreu dem Motto: Macht Plugscharen zu Frisbees!

Auftrag für Brunnen vergeben

Noch ist der zukünftige Stadtplatz der “Neuen Mitte” von Schwabmünchen eine Baustelle.

Nachdem eine erste Ausschreibung vor den Sommerferien nicht erfolgreich war, wurde jetzt der Auftrag für den Brunnen, der auf dem Stadtplatz an der “Neuen Mitte” errichtet werden soll, vergeben. Die Kosten dafür fallen mit rund 166.000 €, um etwa 35.000 € höher aus, als sie das Planungsbüro ursprünglich geschätzt (131.000 €) hat. Trotz dieser Mehrkosten, die im Gremium nicht auf Kritik gestoßen sind, liegt das Gesamtvorhaben noch im finanziellen Rahmen von 1,8 Mio €, der jeweils zur Hälfte aus dem Stadthaushalt und mit Fördermitteln bestritten wird.
Apropos Mehrkosten. 6.000 € fallen für die Neupflanzung der Bäume an, die gerodet werden mussten, weil sie im Zuge der Baumaßnahmen zur “Neuen Mitte” beschädigt wurden.

Bürgerbeteiligung entmystifiziert

Sitzungen des Stadtrats sind grundsätzlich öffentlich, außer es gibt Gründe für eine Geheimhaltung, dann werden Tagesordnungspunkte im nicht-öffentlichen Teil behandelt. Deren Ergebnis dann aber veröffentlicht werden muss, wenn die Gründe der Geheimhaltung hinfällig geworden sind. Bei einigen Entscheidungen, die der Schwabmüncher Stadtrat zwischen November 2011 und März 2012 hinter verschlossenen Türen getroffen hat, war dies augenscheinlich der Fall und wurden daher vom Hauptamtsleiter verlesen. Darunter war beispielsweise, dass die Grundstücksgesellschaft der Stadt als zusätzliches Geschäftsgebiet den Betrieb von Photovoltaikanlagen aufnimmt und das Freibad zukünftig “Singoldwelle” heißen wird. Ob so etwas im nicht-öffentlichen Teil behandelt werden muss, ist sicher begründbar, ob es auch das ist, was unter transparenter Kommunalpolitik zu verstehen ist, steht aber auf einem anderen Blatt.

Auf diesem Blatt steht dann auch die grundsätzliche Frage, wie es denn um die Transparenz und Bürgerbeteiligung steht. Im Zusammenhang mit der “Neuen Mitte“, wurde da Kritik laut, dass die Bürger Schwabmünchens nicht dazu gefragt wurden. In einem Interview mit der Schwabmünchner Allgemeinen hat sich Bürgermeister Lorenz Müller in dem Zusammenhang so geäußert:

Die Planungen waren mehrmals in ihrer Zeitung veröffentlicht, wurden in öffentlichen Stadtratssitzungen beraten und auch einstimmig vom Rat beschlossen.

Dass daran zwar grundsätzlich nichts falsch, es aber trotzdem nur die halbe Wahrheit ist, zeigt, dass unter den verlesenen Entscheidungen, die nicht-öffentlich getroffen wurden, auch solche waren, die das Bauvorhaben rund um die Neue Mitte unmittelbar betroffen haben. Dazu gehörte auch die Entscheidung über die Gestaltung des Brunnens, für dessen Bau die Auftragsvergabe in der heutigen Sitzung erfolgte. Das Aussehen eines Brunnens, der mit öffentlichen Geldern finanziert und auf öffentlichem Grund aufgestellt werden soll, wird also in einer nicht-öffentlichen Stadtratsitzung beschlossen. Wie oben schon erwähnt, dafür mag es ja Gründe geben …

Auf Bautafeln werden die Fischwanderhilfen schon seit einiger Zeit öffentlich ankündigt. Im Schwabmünchner Stadtrat aber werden sie im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung angesetzt.

Das Paradoxe an den nicht-öffentlichen Entscheidungen ist, dass die Bürgerinnen und Bürger, für die sie ja eigentlich getroffen werden, nur wenig Möglichkeit haben darauf Einfluss zu nehmen, da ja auch die Tagesordnung des nicht-öffentlichen Teils für sie unbekannt ist. Wenn überhaupt können Ratsmitglieder darauf Einfluss nehmen. So geschehen bei dieser Sitzung, als auf Initiative von Stadtrat Rudolf Lautenbacher (CSU) die Präsentation der Baumaßnahmen der BEW an den beiden Wasserkraftwerken, mit denen Fischwege geschaffen werden sollen, in den öffentlichen Teil der Sitzung verlegt wurden. Als “nicht-öffentlich” waren sie deklariert worden, weil in dem Themenkomplex auch Grundstücksangelegenheiten zu behandeln waren. Ein Blick aufs Detail offenbart aber, dass das in dem Fall ebenfalls wieder nur die halbe Wahrheit ist. Beim Kraftwerk an der Krumbacher Straße gehören die betroffenen Grundstücke bereits der BEW und am Kraftwerk Mittelstetten soll die geplante Fischwanderhilfe auf einem Grundstück entstehen, das aktuell der Stadt Schwabmünchen gehört. Selbst wenn es da an irgendeinem Punkt um schützenswerte Geschäftsheimnisse ginge, muss deswegen nicht die komplette Behandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Für die Zukunft ist zu wünschen, dass mehr Ratsmitglieder die Tagesordnung danach hinterfragen, ob im nicht-öffentlichen Teil um Dinge geht, die die Bürgerinnen und Bürger Schwabmünchens interessieren und deswegen öffentlich behandelt werden sollten.

Foto DiscGolf: formatc1, lizensiert unter Creative Commons CC by-sa


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